Über mich. Andy.
Mein Leben. Mit dem Joubert Syndrom.

Hallo. Ich bin Andy. Mein richtiger Name ist Andreas Jianhai Kay. Ich wurde am 30. Dezember 2016 in Shanghai, China, als Sohn meiner Mutter Yi (Rae) Jiang und meines Vaters Oliver Kay geboren. Andreas ist der zweite Vorname meines Vaters und Jianhai der Vorname meines Opas (des Vaters meiner Mutter). Jianhai bedeutet „auf dem Meer reiten“. Mein Urgrossvater war Kapitän der chinesischen Marine und wehrte viele Angriffe so erfolgreich ab, dass sein Spitzname „Jianhai“ wurde. Als er aus dem Krieg nach Hause kam und einen Sohn – meinen Opa – bekam, nannte er ihn Jianhai. Ich bin sehr stolz auf diesen Namen und fühle mich sehr geehrt, ihn weiterzutragen. Deshalb nennen mich alle Andy (kurz für Andreas). Und das finde ich toll. In der Schule habe ich auch einen Spitznamen: Schlitzohr oder Schlingel. Ja, das bedeutet so viel wie „schlauer Fuchs“. Das passt eigentlich ganz gut zu mir. Manchmal bin ich etwas frech und schelmisch. Aber immer liebenswert und fröhlich. Ja, das bin ich. Es gibt sogar eine Gebärde in der Gebärdensprache dafür. Schaut mal. Dieses Bild hängt an meinem Spind in der Schule, damit jeder weiss, dass ich ein "Schlitzohr" bin...hahaha :-))
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Ich wurde mit dem Joubert-Syndrom geboren, einer seltenen autosomal-rezessiven genetischen Störung (siehe Link).
Ich bin jetzt 8 Jahre alt und lebe mit meiner Mama und meinem Papa in Zürich, in der schönen Schweiz.
Ich gehe jetzt zur Schule. Ich habe gerade die 2. Klasse abgeschlossen und gehe nach den Sommerferien in die 3. Klasse. Es ist eine Sonderschule für Kinder mit Beeinträchtigungen, die „Schule für Körper Behinderte (SKB)“ in Zürich Wollishofen. Ich glaube, das ist es, was ich habe - eine Beeinträchtigung. Aber ich bin mir nicht sicher. Aus meiner Sicht bin ich ein ganz normaler Junge. Aber ja, ich habe ein paar Schwierigkeiten beim Gehen und ich kann nicht sprechen. Ich glaube, man nennt es „nonverbal“. Aber ich kann schon ganz gut mit meinen Händen in Gebärdensprache und mit meinem iPad kommunizieren. All das lerne ich in der Schule. Ich konnte zum Beispiel nie ohne Gehhilfe oder Hilfe einer Begleitperson laufen. Aber jetzt kann ich (fast ganz) alleine laufen. Allen Widrigkeiten zum Trotz (wie meine Eltern mir gesagt haben). Ich liebe es. Ich werde jeden Tag stärker, auch dank all den tollen Therapien, die ich bekomme. Ich bekomme Ergotherapie, Logotherapie und Physiotherapie.
Ich liebe meine Schule, meine Lehrer und meine Klassenkameraden und Klassenkameradinnen. Ich freue mich jeden Tag darauf, dorthin zu gehen. Gegen 8:00 Uhr holt mich ein Schulbus ab und gegen 18:00 Uhr komme ich wieder nach Hause. Das macht mir nichts aus. Ich liebe es. Ich lerne so viel und habe viel Spass.
Ich weiss nicht genau, was die Zukunft für mich bereithält. Ich schätze, niemand weiss das. Aber ich weiss, dass ich jetzt lebe und mein schönes Leben in vollen Zügen geniessen möchte. Ich bin so glücklich, am Leben zu sein. Und von so vielen Menschen umgeben zu sein, die mich lieben und die ich liebe.
Auf meiner Website findet ihr weitere Geschichten über mich, die ich regelmässig aktualisieren werde. Ausserdem erfährst du Hintergrundinformationen zum Joubert-Syndrom und zu dem Gönnerverein, den meine Eltern gegründet haben, um mir ein selbstbestimmtes und glückliches Leben zu ermöglichen.
Ich danke Euch von ganzem Herzen für Eure Unterstützung und wünsche Euch alles Liebe und Gute. Ein grosses Dankeschön. Xie Xie Ni.
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Euer Andy.


MEINE GEBURT
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Ich wurde am 30. Dezember 2016 in Shanghai, China, als Kind meiner Mama Yi Jiang und meines Papas Oliver Kay geboren. Ich kam etwas zu früh, aber alles war gut. Leider hatte ich mir eine leichte Erkältung eingefangen und musste die ersten Tage auf der Intensivstation des Geburtskrankenhauses verbringen. Aber alles war gut. Nach ein paar Tagen konnte ich mit meiner Mama nach Hause zu meinen Großeltern nach Shanghai. Es war ein tolles Gefühl, so sehr geliebt und von meiner Mama, meiner Waipo (Oma) und meinem Nabu (Opa) so liebevoll umsorgt zu werden...

ERSTE DIAGNOSE:
JOUBERT-SYNDROM
Mit etwa vier Monaten wurde bei mir das Joubert-Syndrom (JS) diagnostiziert. Meine Mutter und meine Oma bemerkten, dass ich nicht gerne auf dem Bauch lag und meinen Kopf nicht hochhalten konnte. Sie brachten mich in ein Kinderkrankenhaus in Shanghai, wo die Ärzte mich in einen CT-Scanner legten und eine MRT-Aufnahme meines Gehirns machten. Die Diagnose lautete Joubert-Syndrom. Es handelt sich um eine seltene autosomal-rezessive genetische Erkrankung, für die es keine Heilung gibt. Mehr über JS erfahrt ihr unter dem obigen Link im Menu.

BESTÄTIGUNG DURCH DR. PROF. BOLTSHAUSER, KINDERSPITAL ZÜRICH
Als mein Vater erfuhr, dass bei mir JS diagnostiziert wurde, wandte er sich an das Kinderspital Zürich und wurde mit dem (ehemaligen) Leiter der neurologischen Abteilung, Dr. Professor Boltshauser, in Kontakt gebracht. Wie sich herausstellte, ist Dr. Professor Boltshauser neben Dr. Marie Joubert, die 1969 erstmals JS diagnostizierte, einer der weltweit führenden Experten für JS und forscht seit über 30 Jahren daran. Deshalb ist JS auch als „Joubert-Boltshauser-Syndrom“ bekannt. Nach der Untersuchung der MRT-Bilder bestätigte er, dass ich JS habe. Er gab meiner Mutter und meinem Vater aber auch wertvolle Ratschläge, wie sie mit diesem unglücklichen Geburtsfehler umgehen können. Ein herzliches Dankeschön geht an Dr. Professor Boltshauser.

MEINE ERSTEN THERAPIEN
Schon früh in meinem Leben haben mir wunderbare Menschen geholfen, meinen Körper kennenzulernen und mein Gehirn zu stimulieren, um meine Schwächen und Defizite zu überwinden oder zumindest zu bewältigen. Ich kann gar nicht in Worte fassen, wie dankbar ich für all die wunderbaren Menschen bin, die ich im Laufe meines Lebens kennenlernen durfte. Sie haben mir neue Fähigkeiten vermittelt und mir Mut gemacht, mein Leben bestmöglich zu leben und zu meistern. Ihr wisst, wer ihr seid. Ihr werdet immer in meinem Herzen bleiben. Ein ganz grosses Dankeschön an Euch.

GENTEST
Kurz nachdem Dr. Professor Boltshauser bestätigt hatte, dass ich an JS leide, schlug er einen Gentest vor, um mehr über meine genetische Erkrankung herauszufinden. JS kann durch Mutationen in über 30 Genen verursacht werden. Schätzungen zufolge sind über 30 bis über 40 Gene mit der Erkrankung assoziiert. Wenn wir wissen, welche Genmutation mein JS verursacht, können wir mehr über die wahrscheinlichsten Defizite herausfinden. Allerdings ist die Untersuchung von über 30 möglichen JS-verursachenden Genen sehr teuer. Pro Gen kostet die Sequenzierung ca. 5.000 Franken. Glücklicherweise erklärte sich das Universitätsspital bereit, die Gensequenzierung durchzuführen und sie im Rahmen seiner Forschungs- und Entwicklungsförderung zu finanzieren. Meine Eltern erhielten einige Wochen später den ausführlichen Bericht. Jetzt wissen wir, was auf mich zukommt, inklusive der Wahrscheinlichkeiten in Prozent. Ich verstehe das alles nicht – und will es auch nicht wissen. Ich möchte das Leben und die Erfahrungen, die ich im Leben mache, in vollen Zügen geniessen und mir keine Sorgen um die Zukunft machen. Ich möchte heute leben... Für weitere Informationen zum Gentestbericht klicke auf den Abschnitt „Über JS“...

MEINE ERSTEN SCHRITTE
Dank der fantastischen Mitarbeiter der Sportoh GmbH (sportho.ch) bekam ich mit vier Jahren meinen ersten Thomy Walker. Ich war sofort begeistert. Er ermöglichte es mir, selbstständig zu gehen und mich nach Lust und Laune zu bewegen. Er gab mir das Selbstvertrauen, alles im Leben schaffen zu können. Schritt für Schritt...

SCHULE
Ich liebe zur Schule zu gehen. Ja, wirklich. Die Schule hat mir eine ganz neue Welt eröffnet. Von meinen ersten Tagen im Hort über den Kindergarten bis hin zum Abschluss der zweiten Klasse hat mir der Schulbesuch und das Erlernen neuer Fähigkeiten geholfen, mehr Vertrauen in mich selbst und meine Fähigkeiten zu gewinnen. Ich habe jetzt auch neue Freunde, mit denen ich gerne spiele und Zeit verbringe. Ein grosses Dankeschön an alle meine Lehrer. Ihr seid wunderbar und ich liebe euch.

HEUTE
Was soll ich sagen? HEUTE IST HEUTE. Und morgen ist morgen. Ich geniesse mein Leben heute und versuche mir keine Sorgen um morgen zu machen. Ich möchte mich bei all den wundervollen und wunderbaren Menschen in meinem Leben bedanken, die mir so ein schönes Leben bescheren. Danke Mama. Danke Papa. Für die unglaubliche und bedingungslose Liebe, die ihr mir schenkt. Und dafür, dass ihr mich wie einen normalen Jungen behandelt. Danke, dass ihr mir zeigt, wie schön diese Welt ist. Dank eurer unermüdlichen Geduld und eurer täglichen Ermutigung ist mein Leben voller Glück, Spass, Abenteuer – aber vor allem: voller LIEBE.
